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18:30–19:30 NTGent Schouwburg, Konferenzraum Cour
Autor*innenbegegnung 1

Magdalena Schrefel (diesjährige Kleist-Förderpreisträgerin) im Gespräch mit Uwe Gössel (Jury Kleist-Förderpreis und Vorstand DG)

Magdalena Schrefel (Kleist-Förderpreisträgerin)

2020 geht der „Kleist-Förderpreis für junge Dramatikerinnen und Dramatiker“ an Magdalena Schrefel, Jahrgang 1984, für ihr Stück EIN BERG, VIELE. Der Kleist-Förderpreis ist mit einem Preisgeld von 7.500 Euro dotiert und mit einer Uraufführungsgarantie verbunden, die in diesem Jahr vom Schauspiel Leipzig übernommen wird. Seit 1996 vergeben die Kleist-Stadt Frankfurt (Oder), das Kleist Forum und die Dramaturgische Gesellschaft jährlich den Preis.

In der Jury-Begründung heißt es: „Die Welt ist in seinem Kopf. Er vermisst sie in sich“, charakterisiert Magdalena Schrefel ihren Protagonisten. Ein britischer Geograf, der sich den Flussverlauf in einem fernen Land mit einem natürlichen Hindernis erklärt. In seine Karte setzt er ein fiktives Gebirge – eines, das tatsächlich über das 18. Jahrhundert hinweg als die „Kong-Berge“ entlang des Niger angenommen wurde. Ausgehend von dieser geografischen Behauptung entspinnt sich in „Ein Berg, viele“ eine szenische Landschaft, die weite zeitliche und kulturelle Distanzen umspannt. Die darin beheimateten Figuren sind Suchende. Sie verhandeln verschiedene Strategien, um ihre Welt zu vermessen – und zu verstehen. Dabei kratzen sie an der Selbstverständlichkeit bestehender Normen und Regeln. Das Stück ist eine Konfrontation mit dem Zerfall von Gedankengebirgen – befreiend und schmerzhaft zugleich. Der Autorin gelingt es mit ihrer szenischen Setzung, die Konstruktion von Grenzen aufzuzeigen, ob geografisch, politisch oder ideologisch. Sie hinterfragt ihren Nutzen und Urheberschaften und beschreibt, wie Scheinwelten und -autoritäten erschaffen werden. Dafür überlagert Magdalena Schrefel zeitgenössische, historische und fiktive Referenzen. Gleichzeitig erstreckt sich entlang ihrer vielfältigen Sprachfarben auch das Potential von gemeinsamen Linien, um Welt zu beschreiben und Utopien zu formulieren. „Ein Berg, viele“ ist mehr als ein Stück mit historischem Bezug. Es erzählt mit den Mitteln des Theaters von inszenierten Wirklichkeiten und öffnet darin einen klaren Blick auf unsere Gegenwart.

Magdalena Schrefel, geboren 1984 in Wien, studierte nach längeren Arbeitsaufenthalten in Vukovar und Göteborg an der Universität Wien Europäische Ethnologie sowie Literarisches Schreiben am Deutschen Literaturinstitut Leipzig. Für ihr Stück „Die Bergung der Landschaft“ erhielt sie 2014 eine Einladung zum Heidelberger Stückemarkt, 2019 wurde es vom Bayrischen Rundfunk in Koproduktion mit dem ORF als Hörspiel produziert. 2017 fand die Uraufführung ihrer „Sprengkörperballade“ am Schauspiel Köln statt, 2019 die österreichische Erstaufführung am KosmosTheater Wien. Für ihre Kurzprosa wurde sie 2017 mit dem AK-Literaturpreis der Arbeiterkammer Oberösterreich und 2018 mit dem Literaturpreis der Akademie Graz ausgezeichnet. 2019 erhielt sie das Wiener Dramatik Stipendium für die Arbeit an „Ein Berg, viele“, das zum Heidelberger Stückemarkt 2019 eingeladen wurde. Sie lebt in Berlin.

Foto: Sarah Horvath

 

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