„Am Theater wollen wir wertschätzend zusammenarbeiten“ – Nicht erst seit der #MeToo-Debatte stehen insbesondere Kulturbetriebe im Zentrum gesellschaftlicher Wertediskurse und ethisch-moralischer Auseinandersetzungen. Die entstandene Bewegung um die Aufdeckung und Bekämpfung von Fällen sexueller Belästigung und Machtmissbrauch am Arbeitsplatz richtet den Fokus jedoch sehr nachdrücklich nach innen. So wird das innerbetriebliche Geschehen „hinter dem Vorhang“ stark kontrastiert mit der gewissenhaften künstlerischen Auseinandersetzung mit Wertethemen und dem gesellschaftlichen Auftrag auf der Bühne / in der Öffentlichkeit.
Die Absicht zum Wert und den Wert zur Pflicht erheben, das passiert nur, wenn Menschen, die in einem Kollektiv aufeinander angewiesen sind und gemeinsam etwas (er)schaffen wollen, sich auch mit Fragen nach gemeinsamen Werten der Zusammenarbeit auseinandersetzen und eine auf Identifikation (vs. Zwang) basierte Selbstverpflichtung erzielen. Wie aber werden Werte auf allen Ebenen einer Organisation handlungswirksam bezugsfähig und auch bezugspflichtig? Was bedeuten Wertebegriffe wie Wertschätzung, Respekt, Toleranz, Gleichberechtigung, Partizipation, Offenheit, Vertrauen etc. wenn man sich danach konkret verhält? Aus wessen Perspektive und in welchem Kontext? Wem ist der Wert was wert? Und wer bestimmt über eine wertebezogene Legitimation von Verhalten im Arbeitskontext, insbesondere solches, das an Machtausübung über andere geknüpft ist? Welchen Anspruch erheben wertebezogene Verhaltenskodices?
Vor dem Hintergrund immer leistungsfordernderer Arbeitsbedingungen an Theatern und der jüngst hochgekochten schädigenden sozialen Dynamiken in diesem Kontext, die die Notwendigkeit zur Festschreibung und Umsetzung von wertebezogenen Verhaltenbskodices in verschiedenen Institutionen bestärkt haben, soll in diesem Workshop eine Auseinandersetzung mit gelebten Werten (in der Zusammenarbeit) am Theater stattfinden. Fallstricke und Dilemmata sollen genauso herausgearbeitet werden wie Erfahrungswerte und Chancen, die Selbstverpflichtung in eine spürbare „Ermächtigung“ von Werten zu überführen. Welche Wertediskussionen werden im eigenen Haus geführt? Mit welcher Konsequenz? Was braucht es noch mehr (oder auf andere Art)? Hierbei stehen weniger politisch-ökonomische und rechtliche Fragen denn psychologische Aspekte menschlichen Zusammenwirkens im Vordergrund.